Wirtschaftliche Probleme drücken ihren Stempel auf die Bevölkerung
Jamaika ist ein Inselstaat und gehört zu den Großen Antillen. Das Land liegt in der Karibik und ist nach Kuba und Hispaniola die drittgrößte Insel in der Region. Jamaika wurde 1494 von Kolumbus entdeckt und von den Spaniern besiedelt. Die Ureinwohner, die einst das heutige Jamaika bewohnten, wurden nach und nach ausgerottet und durch afrikanische Sklaven ersetzt. Im 17. Jahrhundert wurden die Spanier von den Engländern besiegt, die daraufhin die Insel besetzten. Im Jahr 1962 erklärte Jamaika seine Unabhängigkeit von Großbritannien. Die Insel ist weltweit als Geburtsstätte des Rastafarianusmus und der Reggae-Musik bekannt. Der Reggae-Musiker und Sänger Bob Marley gilt weltweit als Ikone dieses Genres.
Obwohl Jamaika in jüngster Zeit einen hohen Grad an Gewalt erlebt hat, sind die Ergebnisse von Wahlen immer anerkannt worden, und die politischen Institutionen verrichten ihre Arbeit. Die Wirtschaft des Landes basiert in hohem Maße auf dem Dienstleistungssektor. Die wichtigste Säule ist der Tourismus aus Europa und den Vereinigten Staaten. Dennoch spielt auch der Export von Bauxit und Aluminium eine große Rolle. Das Wirtschaftswachstum des Landes wird durch Korruption, eine hohe Arbeitslosigkeit - vor allem in einigen Landesteilen - und extrem hohe Kriminalitätsraten gebremst. Jamaika hat außerdem eine der weltweit höchsten Auslandsverschuldungen zu verzeichnen.
Hohe Mordraten durch Bandenkriminalität
Nach Angaben des Human Development Index der Vereinten Nationen hat sich die Lebenssituation für die Menschen in Jamaika in den letzten Jahren gebessert. Das Land steht derzeit auf Platz 80 des HDI. Die Lebenserwartung ist relativ hoch und steigt weiter an. Dennoch leben nach wie vor Zehntausende von Menschen unter prekären sozioökonomischen Bedingungen und haben keinen Zugang zu fließendem Wasser, sanitären Einrichtungen und menschenwürdigen Behausungen. Die Arbeitslosigkeit ist vor allem im armen Teil der Bevölkerung weit verbreitet. Jamaika leidet schwer unter dem hohen Ausmaß von Gewalt.
Es gab zahlreiche Berichte über Polizisten, die ungestraft morden, und über willkürliche Festnahmen und Verhaftungen. Das Land weist mit über 1600 Tötungsdelikten pro Jahr eine der höchsten Raten von Gewalt und durch die Polizei verübten Mordtaten auf dem amerikanischen Kontinent auf. Im Jahr 2009 wurden offiziell 1680 Morde begangen - ein historisches Rekordhoch in der jamaikanischen Geschichte. Jedes Jahr werden viele wegen eines Verbrechens verurteilte Jamaikaner aus Großbritannien, Kanada und den Vereinigten Staaten in ihre Heimat abgeschoben. Einigen Berichten zufolge könnte die steigende Mordrate mit der wachsenden Zahl von Straftätern zusammenhängen, die aus diesen Ländern nach Jamaika zurückkehren.
Die rivalisierenden Banden gehen vor allem in der Hauptstadt Kingston mit äußerster Gewalt vor. In einigen Gemeinden befinden sich gegnerische Banden "im Krieg" über Gebietsansprüche, was für die Bevölkerung bedeutet, dass sie nach Einbruch der Dunkelheit ihre Häuser nicht verlassen können, da sie sonst Gefahr laufen, erschossen zu werden. Die wachsende Gewalt gegen Homosexuelle stellt ein weiteres Problem dar. Homosexualität ist in Jamaika nach wie vor gesetzlich verboten. Darüber hinaus weist das Land mit 1,7 Prozent eine relativ hohe HIV/AIDS-Prävalenzrate auf. Wirtschaftlich gesehen stellt HIV/AIDS eine große Bedrohung dar, da hauptsächlich die Erwerbsbevölkerung geschwächt wird. Tausende von Kindern sind zu Aidswaisen geworden. Die Regierung hat mittlerweile eine Reihe von Programmen und Initiativen ins Leben gerufen, um diese Krankheit zu bekämpfen.
Von Gewalt geprägte Kindheit
Dank deutlicher Verbesserungen bei der Gesundheitsversorgung ist die Sterblichkeitsrate der Kinder unter fünf Jahren seit den 90er Jahren in Jamaica leicht zurückgegangen. Dennoch leben nach wie vor etwa 15 Prozent der jamaikanischen Kinder in erdrückender Armut. Viele dieser Kinder müssen bereits in jungen Jahren ganze Haushalte führen und wachsen ohne elterliche Fürsorge auf.
Auf der Insel leben ca. 73 000 Waisenkinder, die ein oder beide Elternteile verloren haben. Zehntausende von Kindern sind in Jamaika bereits in jungen Jahren einem hohen Grad an Gewalt ausgesetzt. Einem Bericht zufolge gaben 60 Prozent der Kinder zwischen neun und 17 Jahren an, dass eins ihrer Familienmitglieder ermordet worden sei. Aufgrund der großen Armut schließen sich viele männliche Jugendliche Straßenbanden an. In vielen Fällen führen die in der Kindheit erlebten Benachteiligungen zu Folgeproblemen im Teenageralter.
Mädchen werden häufig Opfer der weit verbreiteten sexuellen Gewalt. Obwohl die Regierung Bemühungen zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen unternommen hat, sind die Vergewaltigungszahlen in den letzten Jahren dramatisch gestiegen. Auch die Bekämpfung der Kinderarbeit ist in Jamaika ein nationales Anliegen. Nach Angaben von UNICEF müssen sechs Prozent der Kinder in Jamaika Kinderarbeit verrichten. Für die Kinder in den Straßen von Kingston scheint Kindheit ein Luxus zu sein, den sich viele Familien schlichtweg nicht leisten können. Kleine Jungen verkaufen Kleinwaren auf den Straßen, putzen Windschutzscheiben oder betteln, um zu überleben.
SOS-Kinderdorf in Jamaika
SOS-Kinderdorf begann seine Tätigkeit in Jamaika im Jahr 1970, als der nationale jamaikanische SOS-Kinderdorf-Verein gegründet wurde. SOS-Kinderdorf unterstützt Kinder und Jugendliche in Jamaika an zwei verschiedenen Standorten durch Kindertagesstätten und medizinische Zentren. Kinder, die ihre Eltern verloren haben oder nicht länger bei ihren Familien bleiben können, finden liebevolle Aufnahme in einer familiennahen Umgebung, der SOS-Kinderdorf-Familie.
Website von SOS-Kinderdorf Jamaika
(verfügbar auf Deutsch, Englisch und Spanisch)