Kinderarbeit in Indien

Auf der ganzen Welt findet die Ausbeutung von Kindern statt. Trotz verschärfter Gesetze zählt Indien weiterhin zu den Ländern mit den meisten Kinderarbeitern.

Die positive Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte im Kampf gegen Kinderarbeit wurde durch die Corona-Krise unterbrochen: Nachdem die Anzahl der Kinderarbeiter weltweit in den Jahren 2000 bis 2016 kontinuierlich gesunken war von 246 auf 152 Millionen, ist sie infolge der Covid-19-Pandemie erstmals seit 20 Jahren gestiegen.

 

Zahlen, Fakten und Ursachen zur Kinderarbeit

Laut eines im Juni 2021 veröffentlichten Reports der "Internationalen Arbeitsorganisation" (ILO) gab es 2020 rund 160 Millionen Kinder zwischen fünf und 17 Jahren, die als billige Arbeitskräfte ausgebeutet werden. Etwa die Hälfte muss die schlimmsten Formen der Kinderarbeit – zum Beispiel in Steinbrüchen – verrichten.

Laut Schätzungen der ILO hat sich die Zahl der weltweiten Kinderarbeiter um weitere 8,9 Millionen erhöht, und lag zum Jahresende 2022 bei rund 169 Millionen. Vor allem in Ländern südlich der Sahara mit insgesamt rund 87 Millionen Kinderarbeitern – allen voran Äthiopien und Tschad – sowie in asiatischen Staaten wie Indien müssen Millionen Minderjährige schuften, anstatt in die Schule gehen zu können und ein unbeschwertes Leben zu führen.

Wie ist die Lage in Indien und welche Hilfe dort im Kampf gegen die Kinderarbeit benötigt?

Schule statt Kinderarbeit: Ein Mädchen bei den Hausaufgaben. Die SOS-Kinderdörfer in Indien ermöglichen armen Kindern den Schulbesuch.

 

Statistiken zur Kinderarbeit in Indien

Seit der Volkszählung von 2011 gibt es keine zuverlässigen aktuellen Zahlen aus Indien. Laut offiziellen Angaben der indischen Regierung aus dem Jahr 2011 lag die Zahl der Kinderarbeiter bei zwölf Millionen. Doch Entwicklungsdienste und Hilfsorganisationen wie die "International Labour Organisation" gehen davon aus, dass bis zu 30 Millionen der insgesamt 444 Millionen indischen Mädchen und Jungen unter 18 Jahren von Kinderarbeit betroffen sein könnten, da bis zu 18 Millionen Minderjährige als "inaktiv" gelten – also weder eine Schule besuchen, noch einer Ausbildung oder einem Beruf nachgehen.

Das beträfe sechs Prozent aller indischen Kinder unter 18 Jahren, die statt zur Schule jeden Morgen in Steinbrüche und Fabriken zur Arbeit gehen oder auf der Straße Zigarillos drehen. Vor allem die Zwölf- bis 17-Jährigen arbeiten bis zu 16 Stunden täglich, um mit dem Lohn ihre Familien zu unterstützen. Aber auch zehn Millionen Kinder in Indien zwischen fünf und 14 Jahren verrichten Kinderarbeit.

 

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Corona-Pandemie fördert child labour

Schätzungen von Hilfsorganisationen zufolge ist die Anzahl der Kinderarbeiter in Indien wieder gestiegen von vier Prozent vor der Corona-Pandemie auf sechs Prozent der Minderjährigen zum Jahresende 2022. Ein Hauptgrund: Unzählige Familien haben im Zuge der Corona-Krise ihre Arbeit verloren und Millionen Jugendliche konnten nicht mehr zur Schule gehen. Auch nach der Wiedereröffnung der Schulen, kehrten viele Kinder nicht zum Unterricht zurück. Die Armut zwingt die Kinder dazu, zu arbeiten, um zum Lebensunterhalt beizutragen. 62 Prozent der indischen Familien berichteten im Dezember 2021, dass sich ihr Einkommen seit März 2020 verringert hat.

 

Welche Formen der Kinderarbeit gibt es?

Die 2020 von der "International Labour Organisation" veröffentlichte Studie zeigt, dass ein Großteil der Kinderarbeit auf der ganzen Welt (rund 70 Prozent) in der Landwirtschaft verrichtet wird. So arbeiten die Kinder beispielsweise auf Baumwollplantagen oder Reisfeldern. Rund 20 Prozent werden als Servicekräfte eingesetzt, hauptsächlich als Hausangestellte oder Hilfen in Gaststätten. Weitere zehn Prozent der Kinderarbeit verteilen sich auf Jobs in der Industrie – inklusive gefährlicher Tätigkeiten in Minen.

Kinderarbeit in Indiens Textilindustrie ist weit verbreitet, viele Kinder helfen bei der Verarbeitung von Teppichen oder verrichten in Ziegeleien und sogar Steinbrüchen schwere Arbeiten. Andere drehen in Heimarbeit Zigarillos, genannt "Bidis", für die Tabakbranche. Auch bei der Stahlgewinnung, Edelsteinpolitur oder Teppichherstellung werden Kinder als billige Arbeitskräfte missbraucht.

Vor allem Mädchen werden Opfer von Kinderhandel, der in Indien weit verbreitet ist, sei es als traditionelle Schuldknechtschaft oder organisierte Kriminalität. Zu den schlimmsten Formen der Kinderarbeit gehört die Zwangsprostitution von Kindern mit geschätzten 1,2 Millionen minderjährigen Sexsklaven in Indien.

 

Welche Ursachen für Kinderarbeit in Indien gibt es?

Trotz des Wirtschaftsbooms im vergangenen Jahrzehnt, leben immer noch circa 17 Prozent aller Inder unter der Armutsgrenze. Denn die technischen Innovationen und Weiterentwicklungen im IT-Bereich haben keine Arbeitsplätze in den Armutsgebieten geschaffen. Menschen aus ländlichen Gebieten mit wenig Bildung sehen häufig keine andere Möglichkeit, als ihre Kinder aus den Schulen zu nehmen und arbeiten zu lassen, um die Familie zu ernähren.

Aus Not werden Kinder von ihren Vätern und Müttern auch an Kinderhändler verkauft oder Mädchen werden jung verheiratet. Einige verzweifelte Eltern lassen ihre Kinder auch auf dem Land zurück, um in einer Großstadt Arbeit zu suchen – und die Kinder sind auf sich allein gestellt. Nicht selten geraten auch sie dann in die Fänge von Kinderhändlern, die die Jungen und Mädchen für einen sehr geringen oder gar keinen Lohn arbeiten lassen.

 

Sie arbeiten als Müllsammler, in Minen oder Steinbrüchen: Es gibt bis zu 30 Millionen arbeitende Kinder in Indien

 

Welche indischen Gesetze gegen Kinderarbeit gibt es?

Zwar wurde von der indischen Regierung bereits 1993 ein Gesetz gegen Kinderarbeit in Indien erlassen, das gefährliche Arbeiten oder Tätigkeiten verbietet, die die geistige, seelische, sittliche oder soziale Entwicklung von Mädchen und Jungen unter 18 Jahren schädigen könnten - aber stoppen konnte es die Ausbeutung von Kindern nicht. Denn das Gesetz hat viele Schlupflöcher. Beispielsweise erlaubt es die Mitarbeit der Kinder im elterlichen Betrieb. So wird das Drehen von Zigarillos schnell zur Vollzeitbeschäftigung nicht nur der Eltern, sondern auch der Kinder.

Ein weiteres Problem ist: Viele zahlreiche Unternehmer wie zum Beispiel Minenbesitzer bekleiden ein politisches Amt – und den Firmenbossen ist nicht daran gelegen, die billigen Kinderarbeiter aus ihren Unternehmen zu verbannen.

In den vergangenen Jahren wurden die Gesetze gegen Kinderarbeit nach und nach verschärft und Kinderrechte in Indien damit gestärkt: Seit 2016 ist beispielsweise auch der Einsatz als Haushaltshilfen oder Servicepersonal in Restaurants und Hotels für Kinder im Alter von unter 14 Jahren verboten. Die Gesetze decken jedoch nicht die Verrichtung aller schweren und gefährlichen Arbeiten ab: Tätigkeiten wie Feldarbeit, bei der die Minderjährigen massiv Pestiziden ausgesetzt werden, oder körperlich anstrengendes Teppichweben zählen beispielsweise nicht dazu.

Damit die geltenden Vorschriften auch in der Praxis beachtet werden, werden mittlerweile auch bis zu zweijährige Gefängnisstrafen für die Ausbeutung von Kindern verhängt, anstatt lediglich Geldstrafen. Doch um in Zukunft dafür zu sorgen, dass es keine arbeitenden Kinder mehr gibt auf dieser Welt, muss noch viel passieren.

 

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Wie kann man gegen Kinderarbeit in Indien tun?

In der Politik muss sich noch viel mehr tun: Die Gesetze gegen Kinderarbeit müssen in Indien weiter verschärft und vor allem strikter angewendet werden. Darüber hinaus gilt es, extreme Armut nachhaltig zu bekämpfen. Nur so lässt sich in Indien die Kinderarbeit stoppen.

Ein Hauptziel muss dabei immer auch sein, dass Kinder zur Schule gehen können statt arbeiten zu müssen. Denn durch Bildung lässt sich der Teufelskreis aus Armut und Kinderarbeit durchbrechen: Wenn Kinder eine bessere Schulbildung erhalten, finden sie als Erwachsene leichter eine anständig bezahlte Arbeit und können mit ihrem Einkommen für sich und ihre Familie sorgen - ohne auf die Mithilfe der Kinder angewiesen zu sein.

Zwar besteht in Indien bereits eine Schulpflicht bis zum 14. Lebensjahr und die Teilnahme am Unterricht ist kostenlos. Aber aufgrund der Armut der Familien gilt meist die Devise: Etwas zu Essen zu haben ist wichtiger als Bildung. Daher besuchen viele Kinder die Schule nur unregelmäßig, weil sie stattdessen arbeiten müssen.

Durch die Corona-Krise hat sich diese Situation noch verschärft: Schulen wurden geschlossen, Fernunterricht ist meist nicht möglich. Eltern verlieren ihre Jobs und so bleibt vielen nur die Verrichtung von jeglicher Art von Arbeit – Hauptsache, das Überleben wird irgendwie gesichert.

 

Wie helfen die SOS Kinderdörfer in Indien?

Um ausbeuterische Kinderarbeit zu stoppen, setzen die SOS-Kinderdörfer in Indien auf Bildung und Hilfe zur Selbsthilfe für Familien. Eltern lernen beispielsweise in Kursen berufliche Fertigkeiten, um sich eine eigene Existenz aufzubauen. Somit ist die Familie nicht mehr darauf angewiesen, die Kinder arbeiten zu lassen, um über die Runden zu kommen.

Das verbesserte Familieneinkommen ermöglicht es den Kindern, zur Schule zu gehen. Hinzu kommt Unterstützung bei den Kosten für Schulmaterialien oder Schuluniform. So gibt die SOS-Familienhilfe Eltern und Kindern eine Perspektive: Gezielte Bildung, Beratung und Aufklärung ebnen den Weg aus der Armutsfalle – und somit aus der Kinderarbeit. Denn Armut gehört zu den größten Ursachen für Kinderarbeit.

Insgesamt erhalten so derzeit in Indien Familien mit rund 68.000 Menschen Unterstützung, Schutz sowie Bildungsmöglichkeiten. Die Familienhilfe und die Sozialzentren der SOS-Kinderdörfer sind in Indien an 44 Standorten aktiv: in bitterarmen ländlichen Gebieten sowie in den Slums der Großstädte.

Seit Ausbruch der Corona-Pandemie haben die SOS-Kinderdörfer die Hilfe in Indien für Familien und Kinder noch verstärkt, um sie in akuter Not sowie langfristig zu unterstützen und ihnen eine Perspektive im Leben zu geben.

 

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